Tag 29
Karfreitag
Tag 29
Der Höhepunkt des Kirchenjahres und mein persönlicher Tiefpunkt in der Krise bisher. Denn morgen hat der Herr des Hauses Geburtstag. Wir können eine Polonaise machen, jeder darf mal vorne sein. Das ist aber auch schon alles, was möglich ist. Das macht mich traurig.
Obwohl rechtzeitig bestellt ist nicht mal sein Geschenk angekommen, es kommt nächsten Mittwoch…Also kein Geschenk und keine Party! Nicht dass ihm irgendwas davon etwas ausmachen würde, er ist sowieso nicht der Partykönig (dafür gibt es eine talentiertere Person im Haushalt), es stört ihn höchstens, dass er Freunde, Bruder und Mutter nicht sehen kann, aber sonst braucht er keinen Geburtstagsfirlefanz.
Die Zahlen des Stichprobentests sind veröffentlicht! Es sind jetzt doch nur 1544 Personen getestet worden, satt der angekündigten 2000, 0,32 % wurden positiv getestet, laut meiner Rechnung sind das 4,9408 Personen …??? Dann steht da: „Umgelegt auf die Bevölkerung heißt das, in absoluten Zahlen sind zwischen 10.200 und 67.400 positiv.“ Absolut? Zwischen Zehntausend und fast Siebzigtausend ist aber schon ein großer Unterschied oder? Dafür haben wir einen Test gebraucht?
Hach, ich verstehe so vieles nicht in diesen Tagen. Warum darf ich Dienstag in einen Baumarkt gehen aber nicht in ein Möbelhaus? In 4 Wochen dürfen die Friseure erst aufsperren, dann mit Maske und Handschuhen und auf 20 m2 darf nur ein Kunde sein. Wenn eine Ansteckung damit ausgeschlossen wird, warum darf der arme Friseur dann nicht auch schon am Dienstag aufsperren? Warum darf man nicht Tennis spielen? Warum nicht Golf? Ich mach beides nicht oft, aber ich bin sicher, alle wären wahnsinnig kreativ, dass man trotzdem social distancing einhalten könnte bei Bezahlung und Abwicklung, jeder wäre bereit, sich diszipliniert zu verhalten, wenn er manches dürfte. Wir sind doch eh schon alle am Distanzierungstrip!
Stattdessen werden wir immer mehr kontrolliert. In den Öffis darf die Exekutive jetzt Organmandate ausstellen. Wer keinen Mund-Nasen-Schutz verwendet, dem droht eine Strafe von 25 Euro. Kommt mir das nur so vor, oder ist „die Exekutive“ jetzt neuerdings immer zu fünft unterwegs? Oder vielleicht zu 4,9408.
Und wie ist das mit dieser berüchtigten Durchseuchung oder brauchen wir die doch nicht? Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, geh ich dann aus der Krisenpause direkt in Pension. Ich bin sehr froh, dass der angekündigte Engpass bei den Intensivbetten nicht eingetreten ist (angeblich ist die Auslastung bei 60%), aber war das nicht der Grund, warum wir das alles gemacht haben? Gut, dass wir da noch Ressourcen haben, aber Fragen über Fragen, für die ich keine Antworten hab!
Basti hat gesagt, bald wird jeder jemand kennen, der an Corona gestorben ist. Kenn ich zum Glück nicht, aber ich kenne bald welche, die depressiv sind in ihren Singlewohnungen oder demnächst dem Alkohol verfallen vor Einsamkeit, die dem wirtschaftlichen Ruin entgegensteuern oder die Nerven wegwerfen beim Kinderbespaßen ohne Schule und Sportmöglichkeit. Denn ehrlich, welches Kind interessiert „spazieren gehen“?
Jetzt muss ich den Geburtstag vorbereiten, der Plan: Laufrunde, letzten Schrankteil aussortieren, Steaks mit Gemüse und Pommes! Ein herrlicher Geburtstag wird das!
Wenigstens der Frühling lehnt sich auf gegen das blöde Virus und zeigt uns, wie schön das Leben sein kann! Oder sein könnte!
Rosa Grüße!
Eure Uli