Tag 5
Neue Ordnung
Tag 5
Was sich herausgestellt hat: Auch in der Krisenzeit werde ich nicht zum Morgenmensch! Während ich am Vormittag nicht wirklich was weiterbringe, laufe ich um 22 Uhr nochmal zu Höchstform im Entrümpelungsfinale auf und fülle 2 weitere Müllsäcke mit alten Tuben, Shampooflaschen und ausgeleierten Haarbändern. Wann hab ich jemals so viele Haarbänder getragen??
Der neue Ordnungsfimmel geht auch am Herrn des Hauses nicht vorüber, erstmal in 20 Jahren hat er eigenhändig seine Zahnbürste zurück in den Becher gegeben. Sonst mach das nämlich ich! Wenn ich mich abschminke (kommt momentan nur selten vor, denn wozu schminken?) oder Zähne putze nehme ich seine Zahnbürste (er ist überzeugter Manuell-Putzer), öffne den Spiegelschrank und gebe sie in den Becher zurück. Mich stört das nicht, aber ich hab mich manchmal gefragt, ob er eigentlich glaubt, dass eine Zahnfee in der Nacht kommt und das erledigt. Zum ersten Mal (er ist da natürlich anderer Meinung) fährt meine Hand ins Leere.
Im Wohnzimmer hat heut erstmals eine Telefonkonferenz über Lautsprecher stattgefunden. Mein armer Mann ist seit 7 Monaten in seinem neuen Job und hat noch nicht einen Tag tun können, wofür er engagiert wurde. Bis jetzt wars Wirtschaft, jetzt ist er offenbar Arbeitsrechtsexperte. Das wäre wie wenn mich wer als Darstellerin engagiert und mich dann einsetzt als Lichttechnikerin und dann Tontechnikerin. Morgen geh ich einkaufen, dann kriegt er Gummibären, hat er sich verdient!
Die Telefonkonferenz ist recht laut, also hab ich mich anderwärtig beschäftigt um nicht zu stören, meine Haare gewaschen, im Büro mit dem Webdesigner eine an meine Grenzen des Verständnis gehende Einschulung des Bloggens (vor allem grafisch, schreiben ist nicht das Problem) erledigt und bin dann zur Apotheke gewandert. Unsere Oldies brauchen Medikamente und ich habe vor der Krise eine Salbe bestellt, die abgeholt werden kann.
Seit ein paar Jahren ist die Apotheke gleichzeitig auch das Postamt und in Zeiten wie etwa der Vorweihnachtszeit (Grippezeit UND Pakete-Hochfrequenz) ist es manchmal nicht leicht, überhaupt bei der Tür reinzukommen. Auf einer Seite Pakete bis unter die Decke, auf der anderen rotzende und hustende Menschenmassen. Nicht heute: 2 sind drin, werden grad bedient, der Rest wartet draußen. Vor der Apotheke ist ein großer Platz, im Abstand von 2 Metern hat sich eine Schlange gebildet, die sehr schön verteilt über den Platz wartet. Nach 5 Minuten bin ich dran, die Apothekerin ist hinter einer Glasscheibe (Glasereien sind definitiv die Gewinner dieser Krise), trägt Handschuhe und erledigt alles was ich brauche im Eiltempo. Ich bin wirklich stolz auf die Wiener, so diszipliniert warten, das können sonst nur die Deutschen (ich darf das sagen, ich hab in Köln gelebt, zumindest teilweise).
Als ich rauskomme versucht grad einer, von der Seite die Apotheke zu betreten und wird von einem Herren mit stoischer Miene belehrt: „Hearst, und wir warten da zum Theater, oder wos glaubst?“ Gut, ich bin doch noch in Wien!
Rosa Grüße!
Eure Uli